»… und kann mich nicht satt sehen.«
Wann endet eigentlich die Weihnachtszeit?
»Früher ging die Weihnachtszeit doch bis Maria Lichtmess am 2. Februar, oder?« Gelegentlich hört man diese Frage. Und fast immer wird sie mit einem kräftigen »Ja« beantwortet. Auch auf vielen kirchlichen Seiten oder in entsprechenden Büchern ist das so zu lesen. Und doch ist diese Annahme falsch.
Die Weihnachtszeit endete noch nie am 2. Februar, sondern immer schon mit dem Fest der Taufe des Herrn. Seit der Liturgiereform des 2. Vatikanischen Konzils im Jahr 1969 wird dieses Fest am Sonntag nach dem 6. Januar, dem Hochfest der Erscheinung des Herrn, gefeiert und fällt damit in die Zeit zwischen dem 7. und dem 13. Januar. Vor der Reform endete die Weihnachtszeit acht Tage nach dem Erscheinungsfest, dem sogenannten Oktavtag, also immer am 13. Januar.
Woher aber kommt nun die hartnäckige Meinung, dass die Weihnachtszeit früher bis Anfang Februar ging? Wahrscheinlich liegt es daran, dass die »Darstellung des Herrn«, wie wir das Fest heute etwas umständlich nennen, noch sehr weihnachtlich geprägt ist. Maria und Josef bringen den vierzig Tage alten Jesus in den Tempel nach Jerusalem, um ihn, den Erstgeborenen, Gott zu präsentieren, ihn dort darzustellen.
Simeon und Hanna, die beiden alten Propheten, schauen auf ein kleines Kind und erkennen in ihm das Licht der Völker und das Heil der Welt. Ein frohes, anrührendes Ereignis! Jeder (alte) Mensch, der schon mal ein kleines Kind im Arm hatte, weiß, was da für Gefühle ausgelöst werden können. Vielleicht war dies einer der Gründe, weswegen eine Jerusalem-Pilgerin im späten 4. Jahrhundert über dieses Fest schrieb, es werde »mit gleicher Freude wie Ostern« gefeiert.
Das Fest Maria Lichtmess hat seinen Namen dem Umstand zu verdanken, dass an diesem Tag Menschen mit brennenden Kerzen zum Gottesdienst kamen, um Jesus, das Licht der Welt, zu begrüßen. Vielleicht war es früher auch deshalb vielerorts üblich, die Tannenbäume bis zum 2. Februar stehen zu lassen. Heute hingegen ist die Idee, Weihnachtliches bis in den Februar hinein im Blick zu behalten, vielen fremd geworden. Und doch erinnert uns das Fest der Darstellung des Herrn daran, dass man mit dem Weihnachtsereignis nicht so schnell und nie so ganz fertig wird.
Dass Weihnachten, also das Geheimnis der Menschwerdung Gottes, eigentlich immer Thema ist – davon künden noch drei weitere weihnachtliche Feste, die über das Jahr verteilt sind. Neun Monate vor Weihnachten, am 25. März also, feiern wir das Hochfest der Verkündigung des Herrn. Der Engel bringt Maria die Botschaft, dass sie ein Kind bekommen wird. Sechs Monate vor Weihnachten, am 24. Juni, folgt dann das Hochfest der Geburt Johannes des Täufers, und am 2. Juli feiern wir (jedenfalls im deutschen Sprachraum, im Rest der Welt ist es der 31. Mai) das Fest der Heimsuchung Mariens, also die Begegnung der schwangeren Maria mit Elisabeth, die Johannes den Täufer in ihrem Leib trägt.
An all diesen Tagen erinnern wir uns daran: Gott sucht unsere Nähe. Nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch. Und wer sich darauf einlassen kann, kommt mitunter vielleicht wirklich an den Punkt, den ein altes Weihnachtslied so beschreibt: »Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht sattsehen.« Mit anderen Worten: Das Staunen über die Menschwerdung Gottes kann einen das ganze Jahr über ergreifen – egal, was der Kalender sagt …
Alexander Bergel
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