Impulse
Worte können heilen. Und zum Nachdenken bringen. Worte können Mut machen. Und neue Wege aufzeigen. Worte bringen Gefühle zum Ausdruck. Und Sorgen. Und Nöte. Glück und Unglück zeigen sich in ihnen ebenso wie Glauben und Hoffnung. Und natürlich Zuneigung und Liebe. Besonders schön ist es, wenn einem jemand solche Worte sagt. Wenn wir sie persönlich hören. Wenn wir spüren: Der meint mich!
Sie finden auf dieser Seite Gedanken, Erlebnisse, Deutungen, Diskussionsbeiträge, die uns eingefallen sind. Oder die wir anderswo gefunden haben. Und die wir mit Ihnen teilen. In der Corona-Pandemie hat sich das bewährt, vielen Mut gemacht und Lust auf mehr. Das freut uns natürlich sehr. Und deshalb machen wir einfach weiter!
Essays, Geschichten & Gedanken
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Ein Lied
auf den Lippen
So nehmet euch eins
um das andere an
wie auch
der Herr
an uns getan
Jesus hat sich
der Menschen angenommen
Er hat sie
berührt
geheilt
aufgerichtet
irritiert
ernst genommen
aus der Fassung gebracht
ihnen zugehört
Fragen gestellt
Welche
Begegnung
mit Jesus
wünsche
ich
mir?
Alexander Bergel
8. Dezember
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Rückwärts betrachtet ist das Leben Nebel. Darauf weist mich die erste Seite eines Buches mit 24 Inspirationen hin, das mir eine liebe Person schenkte. Ich benutze es in diesem Jahr als Adventskalender. Also, wenn man das Wort Leben rückwärts liest, steht da Nebel. So fühlt es sich bisweilen ja an, häufiger noch, wenn ich voraus statt zurück schaue. Oft auch, wenn es um das Hier und Jetzt geht.
Die Gedanken im neuen Bistums-Blog von unserer Pastoralreferentin Katie Westphal vom 3. Dezember finden Sie hier.
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Ein Lied
auf den Lippen
Wir sagen euch an
eine heilige Zeit
machet
dem Herrn
die Wege bereit
Welche Zeit
ist mir
heilig?
Welche Wege
liegen vor
mir?
Und worauf
warte ich
wirklich?
Alexander Bergel
1. Dezember
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Herrschaftszeichen
sind ihm ziemlich fremd
Königliche Würde
strahlt er dennoch aus
Herrschaftszeichen
sind der Kirche gar nicht fremd
Was strahlen wir
noch aus?
Alexander Bergel
23. November
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Wenn alles
ins Wanken gerät
sei sicherer
Halt
Wenn Wege
ziellos scheinen
eine verlässliche
Stütze
Wenn Menschen
fragen warum
werd ihnen zur
Antwort
Wenn Dunkel
alles erfüllt lenk den Blick
zum Silberstreif am
Horizont
Wenn Hass
die Herzen zerstört
schenk kraftvolle
Heilung
Wenn Mächtige
toben
bring sie zu
Verstand
Wenn ich
nicht weiß wozu
schenk neuen
Mut
Du mein
Gott
Alexander Bergel
13. November
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Anlässlich der Synode in Rom geht Erich Garhammer der Frage nach der Reform der Kirche nach – und findet Anstöße bei Kardinal Martini und Wolfgang Beinert.
Seine Gedanken vom 17. Oktober können Sie hier lesen.
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Gedanken
nach der Vorstellung des Gutachtens der Universität
zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt
im Bistum Osnabrück
und der Pressekonferenz des Bistums
Zahlen
Wieder einmal
Täter und Menschen
deren Leben zerstört ist
Worte
Wieder einmal
Nüchtern und klar
Mit Bedacht gewählt
Wünsche
Wieder einmal
Und Versprechen
dass es besser wird
Auch die Lernkurve
taucht wieder auf
Auf einem guten Weg
sind wir alle
Sind wir das?
Keine Ausflüchte?
Keine Relativierungen?
Keine unsensiblen Fragen?
Alexander Bergel
9. Oktober
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Es gibt keinen Platz für Missbrauch,
es gibt keinen Platz für das
Vertuschen von Missbrauch.
Das Böse darf nicht versteckt werden:
Das Böse muss
ans Licht gebracht werden,
damit es bekannt wird.
Und der Täter soll gerichtet werden.
Papst Franziskus
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Er hatte
einen Traum
Ein Traumtänzer
jedoch war er nicht
Wohl deshalb
sprechen wir auch
heute noch
von ihm
Sein Traum
galt einer Kirche
die die Armen
nicht vergisst
Sein Traum
galt einer Kirche
die nur Gott
in ihre Mitte stellt
Sein Traum
galt einer Welt
in der jeder
eine Zukunft hat
Wage zu träumen
sagt uns heute
immer wieder
jener Mann aus Rom
der nicht
aus Zufall
diesen alten Namen
trägt
Wir würden doch
so gerne träumen
und dann auch
handeln
sagt sich wohl
so mancher Katholik
und merkt doch schnell
wie starr die Grenzen sind
Wenn das so weiter geht
spricht bald schon
niemand mehr
von dieser Kirche
Wär das so schlimm?
Schlimm wär
wenn keiner mehr
von Jesus spricht
Alexander Bergel
4. Oktober
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»Kirchenbauten und ihre Ausstattungen gehören nicht allein den kirchlichen Institutionen und Gemeinden. Als ererbte Räume sind sie Gemeingüter, sie gehören allen!«
Mittlerweile haben mehr als 20.000 Fachleute aus Architektur und Denkmalpflege, Theologie und Kunstgeschichte das »Kirchen-Manifest« unterschrieben, einen Weckruf zur Bewahrung des europäischen Kulturerbes. Und weil die immer kleiner werdenden christlichen Gemeinschaften allein ihren wertvollen Bestand an geschichtsträchtigen Gebäuden nicht erhalten können, bieten die Bauexperten Hilfe und ungewöhnliche Lösungen an.
Die Gedanken von Bernward Kalbhenn in der Sendung Glaubenssachen auf NDR-Kultur vom 22. September könnrn Sie hier lesen und hören.
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Feuerbestattungen liegen im Trend. Aber das war nicht immer so. Was sich in den letzten 150 Jahren wie verändert hat und warum die katholische Kirche seit den 1960er-Jahren ihren Widerstand gegen die Urnenbestattung aufgegeben hat, davon berichtet Christian Röther am 20. September im Deutschlandfunk.
Sein Feature vom 20. September können Sie hier hören.
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Statements, Interviews & Diskussionen
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Bremen und Ostfriesland – das waren die ersten Stationen von Bischof Dominicus bei seiner Kennenlern-Tour durch das Bistum Osnabrück. Was sind seine Eindrücke nach den ersten drei Monaten? Wie sehen Pläne und Schwerpunkte des neuen Bischofs aus? Antworten auf drängende Fragen.
Ein Interview mit dem Kirchenboten vom 3. Dezember können Sie hier lesen.
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Immer mehr Frauen in Deutschland werden Ziel von Gewalt, 2023 gab es beinahe jeden Tag einen Femizid. Viele dieser Taten sind von Frauenhass motiviert. In manchen Fällen können auch religiöse Überzeugungen eine Rolle spielen.
Jan Ilhan Kizilhan, Professor für Psychologie an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg geht in seinem neuen Buch der Frage nach, wie in verschiedene religiöse Gemeinschaften Gewalt im Namen der Ehre legitimieren.
Ein Gespräch vom 28. November im Deutschlandfunk können Sie hier hören.
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Wenn am 10. November das Kirchenparlament der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu seiner Tagung in Würzburg zusammenkommt, steht Entscheidendes zur Debatte und zur Wahl.
So wird nach dem im vergangenen Jahr erfolgten Rücktritt von Annette Kurschus über den EKD-Ratsvorsitz abgestimmt. Sehr gute Chancen werden dabei der Hamburger und Lübecker Bischöfin Kirsten Fehrs eingeräumt, die das Amt derzeit kommissarisch ausübt.
Auch das Missbrauchsthema wird die Synodalen beschäftigen. Wie geht es weiter nach der großen ForuM-Studie zur sexualisierten Gewalt in der evangelischen Kirche?
Den Beitrag von Matthias Drobinski vom 10. November können Sie hier hören.
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Sie ist das, was einen Menschen ausmacht, was jede und jeden einzigartig macht: die Seele. Doch auch wenn sie ein wesentlicher Bestandteil des Lebens ist, bleibt sie oft schwer greifbar.
Bernhard Brinkmann ist Priester und Krankenhaus-Seelsorger im Marienhospital Osnabrück. Im Gespräch erzählt er, warum man sich gut um die Seele kümmern muss und wie das geht. Was die Seele mit Gott zu tun hat und warum sie in der katholischen Kirche sogar mit einen eigenen Gedenktag gefeiert wird, das erfahren Sie hier im Interview vom 29. Oktober.
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Zum Abschluss der Weltsynode bleibt die Frage: Wohin geht die Reise in der katholischen Kirche? Gibt es Aufbrüche, Veränderungen? Oder bleibt am Ende doch alles so, wie es ist?
In der Sendung Tag für Tag vom 28. Oktober geht der Deutschlandfunk diesen Fragen nach. Es geht um das Abschlussdokument, welches Papst Franziskus überraschend als solches in Kraft gesetzt hat und nicht irgendwann mit dem üblichen Nachsynodalen Schreiben päpstlich interpretiert und damit entscheidet, was künftig umzusetzen ist und was nicht.
Weiter geht es in diesem Beitrag um die ebenfalls überraschend erschienene vierte Enzyklika von Papst Franziskus. Sie ist gelesen worden als »Liebesbrief«, als »spirituelles Meisterwerk«, als »Vermächtnis und Testament«. Franziskus‘ Enzykliken und sein Herzensprojekt Weltsynode – wie hängt all dies zusammen? Das Herz, die Liebe und die Geschwisterlichkeit – ist das der rote Faden dieses Pontifikats? Geht es ihm um das innere Band von Politik und Mystik? Einschätzungen des Wiener Theologen Jan-Heiner Tück, Professor am Institut für Systematische Theologie und Ethik der Universität Wien.
Die ganze Sendung können Sie hier hören.
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In seinem liberal-urbanen Umfeld ist er ein Außenseiter, wenn er sich zur römisch-katholischen Kirche bekennt. Er fühlt sich belächelt bis diskriminiert. Dabei braucht es aus seiner Sicht eine »Gegenkraft gegen blinde Technikgläubigkeit und Berechenbarkeit«. Ihm kommt es vor, als würde die Gesellschaft »am Wesentlichen vorbeileben.« Es brauche Rituale, Unterbrechung, Stille, Rhythmen.
Ein Gespräch mit Tobias Haberl, das Andreas Main am 11. Oktober im Deutschlandfunk mit ihm geführt hat, zur Frage, warum er sich eine »zeitgenössisch unzeitgemäße« Kirche wünscht, können Sie hier hören.
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Ob »Auge um Auge«, »Verrat des Judas« oder der »Sündenbock«. Christlich tradierte Zerrbilder von Jüdinnen und Juden halten sich bis heute hartnäckig. Auch in der säkularen Welt.
Das Projekt »Bildstörungen« der Evangelischen Akademie zu Berlin bricht diese Bilder auf und stellt sie in ihren ursprünglichen Kontext.
Das Feature von Carsten Dippel im Deutschlandfunk vom 3. Oktober können Sie hier hören.
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Das Erstaunen, Unverständnis und Entsetzen über die Ergebnisse der Wahlen in Deutschland in den vergangenen Monaten ist für Hubertus Schönemann, Leiter der Arbeitsstelle für missionarische Pastoral in Erfurt, Anlass für eine Spurensuche.
Seine Gedanken vom 3. Oktober finden Sie hier.
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Wie politisch ist das Neue Testament? Wie politisch soll Kirche sein? Und warum ist sie eigentlich etwas Demokratisches?
Im Interview mit der Münsteraner Kirchenzeitung Kirche+Leben spricht Thomas Söding, Professor für Neues Testament an der Universität Bochum, über seine Sicht auf die politische Ethik des Neuen Testaments.
Das Interview vom 24. September können Sie hier lesen.
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Philippa Haase und Tracy McEwan geben im Vorfeld der kommenden Sitzungen der Weltsynode in Rom einen Einblick in die Ergebnisse der International Survey of Catholic Women, einer internationalen Umfrage unter katholischen Frauen mit einem Schwerpunkt auf die Positionen der deutschen Teilnehmerinnen.
Ihr Statement vom 20. September können Sie hier lesen.
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Predigten
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Predigt am 2. Advent
zu Bar 5,1-9
Kerzenschein, duftendes Gebäck, schöne Musik, Gemütlichkeit. Es ist wieder Advent geworden. Die liturgischen Texte aus dem Ersten Testament, die wir in der Adventszeit hören, lassen mich darüber erstaunen, welche schönen Bilder sie uns ‚malen‘ können. Insbesondere der Prophet Jesaja ist ein Meister seines Fachs. Aber auch der Prophet Baruch – ein Schüler des Propheten Jeremia, den wir heute zitiert haben – kann uns schöne ‚Wortbilder‘ malen.
Was mir an diesen adventlichen Texten immer wieder auffällt, ist, dass sie oft von der Stadt Jerusalem sprechen. Jerusalem als Ort der Heimat, als Ort der Sehnsucht und des Heils. Jerusalem ist zwar eine konkrete Stadt, die seit Jahrtausenden existiert, Machtzentrum war und (vielleicht) noch ist. Ein fast magischer Ort, wenn man den Beschreibungen der Prophetinnen folgt. Doch auch dieses ist Jerusalem: ein Synonym – ein Symbol – eine Metapher – für alles Göttliche und alles Menschliche, für diese Beziehung, die immer wieder Spannung und Anspannung hervorruft. Für Gott und Mensch.
‚Leg ab, Jerusalem, das Kleid deiner Trauer und deines Elends …‘ Leg ab, was dich bedrückt, was dir zu schwer ist. Leg ab, was Menschen dir aus Hass sagen und antun. Leg ab, was du nicht tragen kannst und was du nicht erträgst. Gib es dem in die Hand, der es aufnimmt und bei dem du es liegen lassen kannst – ganz ohne Gegenleistung. Der dich auffordert, ohne diese Last deinen Lebensweg fortzusetzen. Ich kann, Dinge die mich immer wieder herausfordern, die mir mein Leben verdunkeln wollen, die, mir mein Bedürfnis nach Anerkennung, nach Gleichwertigkeit, nach Liebe vorenthalten wollen, all das kann ich bei ihm lassen und hoffen, hoffen auf eine Zukunft ohne die ‚Trümmerfelder‘ meines Lebens! ‚Lass es hier bei mir liegen‘, dazu ermutigt mich Gott. ‚Leg es ab!‘ – ‚Welch ein Trost!‘ – Damals wie heute!
Im nächsten Abschnitt fordert mich der Prophet dazu auf, dass zu tun, was mir ursprünglich von Gott zugesagt ist. Leg an! Leg an den Mantel der Gerechtigkeit, leg an die Krone der Herrlichkeit, leg an dein Hoffnungskleid, leg an den Glanz, den Gott dir verliehen hat – deinen persönlichen Glanz! Deine Einzigartigkeit! Gott traut uns zu, verantwortungsvoll das Leben in unserer Umgebung zu gestalten. Er ist sich sicher, dass Sie, dass ich Gerechtigkeit schaffen können, auch wenn es ein langer, zäher und mühsamer Weg sein kann.
Hoffnung denen zu geben, die ihr Leben als ‚Wüste‘ und ‚Trümmerlandschaft‘ sehen oder wahrnehmen. Er traut uns zu, falsch eingeschlagene Wege wieder zu verlassen, ‚die Taufe der Umkehr‘ zu erhalten, so wie Johannes es uns heute zuruft. Und das alles geschieht, wenn wir aufstehen, uns aufrichten, Haltung einnehmen. ‚Steh auf!‘ Wenn wir unser Bekenntnis zu den Grundwerten Gottes ablegen und für sie einstehen. Wenn wir nicht den Meinungen des Mainstreams folgen, egal aus welcher medialen und politischen Ecke er uns zu beeinflussen versucht. Wenn wir durch Abgründe hindurchgehen, wenn uns die Luft zum Atmen genommen wird. Dann steh auf! Dann steht auf gegen Hass und Gewalt, gegen Diskriminierung und gegen Antisemitismus! So wie wir es auf unseren drei Bänken an drei Orten unserer Gemeinde mutig verkünden! Dann steht auf für einen neuen Anfang, der zu gegenseitigem Respekt führen wird!
Steh auf! Und schau! ‚Schau nach Osten und sieh deine Kinder: Vom Untergang der Sonne bis zum Aufgang hat das Wort des Heiligen sie gesammelt. Sie freuen sich, dass Gott an sie gedacht hat.‘ Schau nach Osten – darunter ist hier nicht die Himmelsrichtung zu verstehen, sondern die Richtung in der die Sonne – die als Symbol für Gott steht – aufgeht! Steh auf und schau dem entgegen, der so viel Sehnsucht nach uns hat, der seine Schöpfung liebt bis in die Haarspitzen hinein, der selbst kommt und Mensch wird! Gott kommt uns entgegen!
Das hier vorgesehene Gedicht
können wir aus rechtlichen Gründen
nicht veröffentlichen.
Vielleicht haben Sie, liebe Gemeinde, heute Morgen bereits ein Stück seines Versprechens verspürt? Ich wünsche es Ihnen von Herzen!
Gregor Kleine-Kohlbrecher
8. Dezember
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Predigt am 1. Advent
zu Lk 21,25-28.34-36
Der Advent fängt ja gut. Da hofft man auf ein wenig stimmungsvolle Atmosphäre und Vorfreude auf das Weihnachtsfest und dann das – düstere Untergangsstimmung. Von kosmischen Katastrophen spricht Jesus in dem gerade gehörten Text, von gewaltigen Umbrüchen, von Erschütterung und Angst, die die Menschen befällt. Das ist schon eine wirkliche Herausforderung für alle, die zuhören – damals sicher genauso wie heute. Das Lukasevangelium beschreibt eine Welt, die völlig aus den Fugen geraten zu sein scheint und spricht damit das Empfinden der Christen an, an die sich zunächst das Evangelium so um das Jahr 90 richtete. Die jungen Gemeinden mussten sich auf schlimmste Verfolgungen gefasst machen. Die Römer herrschten weiterhin mit eiserner Hand. All das nimmt Lukas auf und beschreibt eine Zeit voller Angst und Schrecken.
Und genau dieses Gefühl ist es, das viele Menschen in unserer Zeit haben, wenn sie an die Zukunft denken. Eine eher depressive Stimmung scheint sich momentan auszubreiten. Umfragen zufolge blicken zwei Drittel der Deutschen eher ängstlich in die Zukunft. Besonders gefährdet sind Kinder und Jugendliche. Immer mehr leiden unter Angststörungen oder Depressionen. Klimawandel, Bedrohung von außen, Kriege, soziale Ungerechtigkeiten, steigende Preise, Gewalt, Mobbing und ein schwindendes Vertrauen in die Politik, man hat nicht selten das Gefühl, mit negativen Nachrichten dauerbeschallt zu werden. Um uns herum scheint alles dem Chaos zu verfallen und so mancher hat das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
„Die Völker werden bestürzt und ratlos sein. Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen.“ So haben wir gerade gehört. Aber dann – die Wendung im Text: „Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.“ Inmitten dieser ganzen Herausforderungen ruft Jesus zu einem Perspektivwechsel auf: „Kopf hoch!“ ruft er den Zuhörern zu. Jesus will im Evangelium keine Angst machen oder einschüchtern. Ja, er nimmt die Realitäten in der Welt wahr und redet auch nicht schön, was Menschen sich immer wieder gegenseitig antun oder welche Schicksale sie treffen, aber er will Mut machen.
„Kopf hoch!“ Es ist eben ein großer Unterschied, ob wir mit hängendem Kopf oder mit erhobenem Haupt durch die Welt gehen. Und irgendwie nimmt in dieser Textstelle das ganze Lukasevangelium eine andere Perspektive ein. Wird zu Beginn des Evangeliums Gottes Kommen als Kind in der Krippe verkündet, als hilfloser Mensch, zu dem die Ärmsten und Ausgegrenzten kommen, wird hier von einem machvollen Kommen Gottes gesprochen. Von einem Gott, der mit uns ist und uns nicht verlässt, der uns den Rücken stärkt, egal wie herausfordernd die Umstände auch sein mögen. Ein Gott der Herr ist und bleibt über diese Welt und der unser Heil will und unsere Erlösung.
Der Text spricht aber auch eine Warnung aus: „Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren.“ Ein klarer Kopf, der sich nicht gleich von den Problemen durcheinanderbringen lässt, sondern sie im Blick behält. „Nicht immer so einfach“, könnten man jetzt sagen. Nein, das ist es nicht, denn Ängste und Probleme sind nun mal da und lassen sich nicht so mir nichts dir nichts wegpredigen. Was Jesus uns in dem Text anbietet, ist der Perspektivwechsel zu Gott hin. Er setzt auf die Kraft der Beziehung zu diesem Gott: „Wacht und betet.“ Glaube, so ist sich der Verfasser des Evangeliums sicher, bewirkt auch Rettung. Aber vor allem, so zieht es sich durch das Lukasevangelium, soll der Glaube zum Handeln motivieren, zum sozialen und gerechten Verhalten.
Advent – Zeit der Erwartung. Und es ist gut, dass wir nicht nur das Christkind in der Krippe erwarten, sondern den Heiland der Welt, der uns immer wieder entgegenkommt, der uns begleitet, es gut mit uns meint und uns retten will. Also: Kopf hoch!
Gisela Schmiegelt
1. Dezember
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Predigt am Christkönigsfest
zu Joh 18,33b-38
Es beginnt mit einer Frage: „Bist du der König der Juden?“ Skurriler geht es kaum. Der mächtigste Mann Jerusalems, der lange Arm Roms, fragt das einen, der kurz vor seiner Hinrichtung steht. Und der – der nimmt den Faden auf. Und beginnt ein Gespräch. Ganz gleich, ob es wirklich ganz genauso gewesen ist – Jesus stand vor Pilatus. Und mit ihm die Frage, auf die alles zuläuft: Was ist Wahrheit? Es ist eine Frage, die Menschen immer wieder stellen, ja, stellen müssen: Was ist wahr? Denn hinter dieser Frage verbirgt sich alles: Woraus lebe ich? Und wofür? Was ist der tiefste Grund meiner Existenz? Und wofür stehe ich ein?
Seitdem Pilatus diese Frage gestellt hat, kann ihr keiner mehr ausweichen. Auch jene nicht, die bewusst die Unwahrheit sagen. Auch jene nicht, die Fake News in die Welt setzen. Auch jene nicht, die wider besseres Wissen anderes tun als der gesunde Menschenverstand es eigentlich anzeigt oder der liebende Blick auf mein Gegenüber. Wenn wir Christus als den König feiern und dabei auf einen zerschundenen Menschen kurz vor der Hinrichtung blicken, wird eines ganz klar: Die Wahrheit hat es nie leicht. Die Wahrheit kommt selten strahlend daher. Die Wahrheit muss oft genug erlitten werden.
Das sagen natürlich auch jene Menschen, die sich mit ihrer Wahrheit gerne zum Märtyrer machen. Die Demagogen in den extrem rechten oder extrem linken politischen Spektren. Die Heilsbringer der verschiedensten auch noch so obskuren religiösen Richtungen. Die Scharfmacher am rechten oder linken Rand der Kirche. Dort gibt es immer nur einen Weg, der zum Heil führt. Und das ist der eigene. Alle anderen haben immer und komplett Unrecht.
In Wirklichkeit aber ist es anders. Keiner hat die Wahrheit für sich allein gepachtet. Niemand kann für alle sprechen. Ganz im Gegenteil: Alle, die aus der Wahrheit leben, sind eine Leben lang auf der Suche nach ihr. Und selbst, wenn das Johannesevangelium die Worte Jesu überliefert: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“, muss es immer auch die Möglichkeit geben, einen anderen Weg einzuschlagen.
Wenn ich in der Spur Jesu unterwegs bin, wenn ich ihm folge, ihm, dessen Leben und Sterben durch seine Auferstehung eine einzigartige Bestätigung gefunden hat, wenn ich mich von ihm ansprechen und hinterfragen lasse – dann werde ich die Wahrheit immer dort finden, wo Menschen aufgerichtet und geheilt werden. Wo sie einen Weg einschlagen, der zum Frieden führt, zur Verständigung und zur Gerechtigkeit.
Das Anstrengende daran ist: Man wird nie fertig damit. Die Wahrheit ist kein Sofakissen, auf dem ich mich ausruhen könnte. Die Wahrheit muss immer neu gesucht und gefunden werden. Und oft genug entgleitet sie mir auch wieder, wenn die Frage laut wird: Ist das wirklich der richtige Weg? Jesus sagt am Ende seines Pilatusgesprächs: „Jeder, der die Wahrheit tut, hört auf meine Stimme.“ Auf diese Stimme kommt es also an. Nur wo ist sie zu finden? Vielleicht in der Gemeinschaft derer, die sich im Namen Jesu versammelt. Vielleicht aber auch ganz woanders. Man müsste sich mal wieder auf die Suche machen.
Alexander Bergel
24. November
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Predigt am 30. Sonntag im Jahreskreis»
zu Mk 10,46a-52
Blind am Wegesrand. Abgeschnitten, fast wie tot. So sitzt er da: Bartimäus. Zukunft? Fehlanzeige. Aus und vorbei. Er hatte sich daran gewöhnt: an die Dunkelheit, an das Abgeschnitten-Sein. Irgendwie, ja irgendwie kam er klar. Bis zu diesem Tag. Gehört hatte er schon von ihm. Von Jesus. Dem Heiler. Dem Wundertäter. Aber – wie sollte er an den rankommen? Und überhaupt: blind ist blind. So hatte er sich eingerichtet – Bartimäus, der Mann am Straßenrand. Doch dann, an einem dieser langen Tage, spürt er: Irgendwas ist anders. Nicht nur die Sehnsucht wird stärker – nein, er hört diesen Namen: Jesus aus Nazareth. Da gibt’s kein Halten mehr: „Meister, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!“ Und Jesus? Der hat – wie immer – einen klaren Blick. In der großen Masse zählt nur einer. „Was soll ich dir tun?“ – „Sehen können, Herr, ich möchte wieder sehen können!“ – „Dein Glaube hat dir geholfen!“
Vielleicht war es so. Oder so ähnlich. Was sich so einfach anhört – so von jetzt auf gleich, fast nebenbei –, das braucht im normalen Leben Zeit. Sehr viel Zeit. Wer wüsste das nicht? Wer auf die eigenen blinden Flecken schaut, bekommt eine Ahnung davon. Eine Ahnung, wie lange so etwas dauern kann. Dann nämlich, wenn wir manches einfach nicht wahrhaben wollen. Dann, wenn wir jemanden in eine Schublade packen und nicht mehr rauslassen. Dann, wenn eine depressive Stimmung alles zu verschlingen droht. Dann, wenn ich mich nicht traue, ich selbst zu sein. Wenn das ist – und vieles mehr, wo wir die Augen öffnen müssten, aber nicht können oder uns nicht trauen –, wenn all das ist, dann heißt es: allen Mut zusammennehmen. Und dem Heiler aus Nazareth vertrauen. Selten geht das schnell. Noch seltener geräuschlos. Immer aber wird es uns verändern. Eine neue Sicht. Ein anderer Blick. Klarheit statt Nebel, Licht statt ewiger Finsternis, zumindest aber ein Silberstreif am Horizont.
In der Kirche sind wir gerade mittendrin – der laute Schrei von innen und von außen: „Kirche, stell dich deinen blinden Flecken. Vertrau dem, den du verkündest. Und vergiss nicht: Er kann dich befreien!“ Nur – dieser Weg der Befreiung geht anders, als die Gesetze dieser Welt es versuchen. Jesus war damals auf dem Weg nach Jerusalem. Es ist der Weg in sein Leiden und in seinen Tod. Drei Mal schon hatte er versucht, seinen Jüngern die Augen zu öffnen für das, was ihm in Jerusalem bevorsteht. Aber sie sehen nicht. Und verstehen nicht. Die Blockade ist wie eine Mauer in ihrem Inneren: Das darf, das kann nicht sein! Also: Weglaufen. Bartimäus aber schreit. Einer, der den Karfreitag schon erlebt hat, schreit, so laut er kann. Und weil er das tut, kann die Heilung beginnen. Bei ihm. Und bei vielen anderen. Bartimäus schreit. Und lässt sich nicht den Mund verbieten. Von niemandem. Er schreit, bis die Mauern der Isolation und Ignoranz um ihn herum aufbrechen. Er schreit, bis sich etwas verändert. Bis das Leben wieder stärker wird.
Der Schrei des blinden Bartimäus – mir hilft er zu verstehen: Heilung geht nur, wenn ich mich radikal öffne. Heilung hat dann eine Chance, wenn ich mich der Wahrheit stelle. Heilung wird dann gelingen, wenn ich mutig bin. Das gilt nicht nur für diese Kirche. Das gilt mindestens genauso für meine blinden Flecken. Das gilt für das, wovor ich weglaufe. Genau das aber brauche ich nicht: weglaufen. Ich darf stehen bleiben. Und schauen, was passiert. Was passiert, wenn ich vertraue. So fing es jedenfalls an. Damals auf dem Weg nach Jerusalem. Und warum sollte es nicht weiter gehen?
Alexander Bergel
27. Oktober
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Predigt am 28. Sonntag im Jahreskreis
zu Mk 10,17-27
Kamel müsste man sein. Dann wäre es leichter. Zumindest am Nadelöhr. Der Gedanke daran, wie das wohl wirklich aussehen könnte, bringt mich zum Schmunzeln. Manchmal führt diese Vorstellung aber auch zu einem mittelschweren Schweißausbruch. Denn Erheiterung hatte Jesus wohl nicht im Sinn, als er das Bild vom Kamel und dem Nadelöhr gewählt hat. Im Gegenteil. Jesus wählt diese Worte, um deutlich zu machen: Es geht um Alles oder Nichts.
Wer Jesus kennt, der weiß das. Wer sich selbst kennt und ehrlich ist, der weiß auch um die üblichen Abwehrmechanismen: „Nein, mich kann er nicht meinen. Ich habe kein fettes Bankkonto oder einen reichen Erbonkel. Nein, mich kann er nicht meinen. Ich bin doch froh, wenn ich durchkomme. Wenn ich meinen Alltag geregelt kriege. Den Stress auf der Arbeit, die Sorgen um die Kinder oder Enkel. Ich bin froh, wenn ich meine Beziehungen pflegen kann, und umgebracht habe ich auch keinen. Und so sehr hängt mein Herz jetzt auch nicht an meinem Haus, meinem Auto, meinem Status. Nein, mich kann er nicht meinen.“
Vielleicht ist das alles wirklich ganz genauso. Doch bevor wir uns allzu gemütlich zurücklehnen und sagen: Ich muss durch kein Nadelöhr – vielleicht noch diese eine Frage: Bin ich eigentlich wirklich glücklich?
Alexander Bergel
13. Oktober
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Predigt am Fest des Heiligen Franziskus
zu Mt 11,25-30
Ich werde euch Ruhe verschaffen. Was für eine Verheißung! Wer sehnt sich auch nicht danach? Endlich Ruhe. Ruhe und Frieden. Doch wird es jemals so weit kommen? Der Blick in die Welt verheißt nichts Gutes: Krieg und Terror, Flüchtlingsdramen an tausend Orten dieser Erde. Deutschland – ein vereinigtes Land, die Menschen einander aber so fremd wie selten zuvor. Eine Kirche, die um ihren Weg in die Zukunft ringt. Gräben zwischen Bewahrern und Reformern, die immer breiter und tiefer werden. Von den persönlichen Dramen ganz zu schweigen: Beziehungen scheitern, Depressionen greifen immer mehr um sich, Arbeitsplätze werden abgebaut, Menschen sind krank oder sterben einfach so.
Ich werde euch Ruhe verschaffen. Ja, wie schön wäre das! Ausruhen. Einfach da sein können. Ohne dauernd etwas leisten zu müssen. Ohne sich im Kampf ums Überleben blutige Nasen zu holen. Ein Leben ohne Ellenbogen. Ohne Überforderung. Ohne Angst. Einfach Ruhe. Der Satz Jesu geht allerdings noch weiter: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig. So werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.“ Jesus ist dem Leid nicht ausgewichen. Jesus hat sich auch nicht in den Frieden am See Genezareth zurückgezogen. Jesus ist den staubigen Wegs des Alltags gegangen. Jesus hat sich der Menschen angenommen, die belastet waren von Krankheit und Armut, von Konflikten, von Elend und Tod. Jesus macht es vor: Diesen Weg zu gehen, wird zur Ruhe führen. Nicht am Leben vorbei, nicht an den Konflikten vorbei, nicht an Blut und Schweiß vorbei, sondern mittendrin, genau dort – im Auge des Orkans sozusagen – wird dich eine tiefe Ruhe erfüllen, die ihresgleichen sucht. Aber kann man das wirklich schaffen? Auch wenn man nicht Jesus ist?
Kann man. Franziskus, der reiche, junge Mann aus Assisi, verzichtet auf alles, was ihn bisher ausgemacht hat. Reichtum, Ansehen, Zukunftsperspektiven. Er wirft dem tobenden Vater alles vor die Füße. Ein armer Irrer, meinen damals viele. Aber immer mehr andere arme Irre (also im Wortsinn Menschen, die irre geworden sind am Irrsinn der damaligen Zeit, in der die Kirche reich und der Papst mächtig war wie nie zuvor), immer mehr Menschen, die das alles so nicht mehr wollten, folgen dem armen Franz von Assisi. Sie leben anders. Einfach so. Suchen und fragen, wie das gehen kann. Gehen dorthin, wo die Not am größten ist. Kümmern sich um die, die auf der Straße liegen. Sprechen von Gott nicht so sehr mit frommen Worten, sondern durch gute Taten. Lassen die Leute um sie herum spüren: Die glauben wirklich das, was sie sagen. Denn das, was sie tun, spricht eine eindeutige Sprache.
800 Jahre nach dem Leben des Franz von Assisi, 2000 Jahre nach dem Leben des Jesus von Nazareth sehnen wir uns nach einem gelingenden Leben. Stehen wir in den Spannungen und Krisen unserer Zeit. Erleben wir, wie alles auseinanderzufliegen droht: die Welt, wie wir sie kannten, die Gesellschaft, in der wir leben, die Kirche, der so viele den Rücken kehren. Was können wir nur machen? Uns fragen: Was würde Jesus tun? Und was Franziskus? Es wären Fragen wie diese: Wo sind die Armen unserer Stadt? Wo warten Menschen in unserer Nachbarschaft auf Worte, auf Gesten, auf konkrete Hilfe? Wie kann der Glaube an einen menschenfreundlichen Gott das Leben bereichern und verändern? Wo kann dieser Glaube Wunden heilen und Perspektiven aufzeigen? Wer die Ruhe finden will, von der Jesus spricht, der wird ihr nicht im Wellness-Hotel begegnen. Wer die Ruhe Jesu sucht, der muss sich aufmachen. Der muss solange unruhig bleiben, bis der Schrei derer, die am Rande stehen, die niemand will und die sich selbst nicht helfen können, ein offenes Ohr findet. Und Hände, die bereit sind, etwas zu tun. Nach Erholung hört sich das nicht an. Aber nach dem Weg, der zum Leben führt. Vermutlich zum echten Leben.
Alexander Bergel
6. Oktober
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Predigt am 26. Sonntag im Jahreskreis
zu Mk 9, 38-43.45.47-48
„Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.“ Krasser lässt es sich kaum sagen. Jesus hat dabei Menschen im Blick, die anderen Ungeheures antun. Ich denke da an jene klerikalen Missbrauchstäter, deren Taten sich seit Jahrzehnten als große Spur des Unheils durch das Leben unzähliger missbrauchter Menschen zieht.
An diesem Samstag konnten wir wieder von einem lesen: dem ehemaligen Generalvikar Heinrich Heitmeyer, den alle nur General nannten, vor dem sich viele fürchteten. Den alle aber machen ließen. Nur ein Name. Aber unendliches Leid. Geschehen im Namen Jesu. Und der? Selbst Jesus, dessen Arme weit offen stehen für alle, kommt – das spüren wir mit dem Wort vom Mühlstein – an seine Grenzen. So schwer wiegt die Schuld derer, die Kleine, Verletzbare, Wehrlose demütigen, benutzen, zerstören.
Als wenn das noch nicht genug wäre, hören wir von weiteren archaischen Handlungen, die einen erschrecken lassen: Augen ausreißen, Hände und Füße abhacken – über die Schmerzgrenze gehende Bilder für die Tatsache, dass sich das Böse nicht durch Absichtsbekundungen bekämpfen lässt. Niemals. Die Bildworte, die Jesus findet, treiben Dinge gerne – ganz klassisch orientalisch – auf die Spitze. Um Menschen aufzurütteln, um sie wachzubekommen.
Worum geht es Jesus? Eigentlich immer nur um das eine: Er möchte die Menschen spüren lassen, dass sie eine einzigartige Würde haben. Dass sie wertvoll sind. Dass sie geliebt werden. Und zwar von Gott. Und damit sich das nicht anhört wie die ewig gleiche Leier von Gott, der dich liebt und immer für dich da ist, du das aber nicht spürst, weil es nur hohle Worte sind und du zu denen gehörst, deren Würde – vielleicht sogar von hohen religiösen Führern – mit Füßen getreten wird und du niemanden hast, der für dich eintritt, deshalb macht Jesus deutlich, dass seine Worte zur Tat werden müssen. Dafür geht er sogar ans Kreuz.
Alle, die wie Jesus Worten Taten folgen lassen, haben verstanden, was er wollte. Und wenn jemand eine solche Machttat vollbringt, so heißt es ja in dieser Geschichte auch, ist es egal, ob er in der Gruppe derer ist, die Jesus ständig um sich hat, oder ob er es einfach macht, weil er für einen Moment gespürt hat: „Das, was dieser Jesus sagt und tut – daraus kann ich leben!“ Das, was dieser Jesus sagt und tut – daraus kann ich leben. Woraus leben Sie?
Alexander Bergel
29. September
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Predigt am 24. Sonntag im Jahreskreis
zu Mk 8,27-35
Am Kreuz kommst Du nicht vorbei. Jesus sagt das sehr deutlich. Doch wer will so was hören? Wer will schon hören, dass der Weg des Meisters kein strahlender Siegeszug ist, sondern ein Weg des Scheiterns? Petrus jedenfalls nicht. Deshalb bekommt der auch gehörig eins auf die Mütze: „Geh mir aus den Augen! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“ Dabei hatte er doch gerade sein großes Glaubensbekenntnis gesprochen: „Du bist der Messias!“ Er hatte alles aufgegeben, alles hinter sich gelassen, um ihm ganz nahe zu sein. Ja, das hatte Petrus wirklich getan. Und ja, er hatte vermutlich wirklich aus tiefstem Herzen seinen Glauben bekundet, seine Liebe auch – und seine Bereitschaft, Jesus zu folgen. Aber die Wahrheit, die ganze, die wirkliche Wahrheit – hatte er die begriffen? Nein. Denn als Jesus ihm die vor Augen hält, versucht er, die Dinge anders zu regeln. Eine Wahrheit sollte es werden, die nicht wehtut. Das kann er ruhig versuchen, der Erste der Apostel. Aber Jesus – der ist dann raus.
Raus, aber aus anderen Gründen, sind heute viele Menschen. Menschen, die die Botschaft Jesu vielleicht noch als alternatives Lebensmodell ansehen oder sogar nach wie vor Kraft aus ihr schöpfen. Das Interesse an der Kirche jedoch, das nimmt ab. Und zwar enorm. Immer weniger Menschen möchten Teil einer Institution sein, die so viele Fehler gemacht hat, die aber dennoch so oft immer noch auf dem hohen moralischen Ross sitzt und sehr genau weiß, was richtig ist und was nicht. So gehen immer mehr Menschen andere Wege. Und kehren nicht zurück. Doch dann und wann begegnen mir gar nicht so selten Männer und Frauen, Junge und Alte, die den Kontakt suchen. Weil sie spüren: Das, was da läuft, das, wovon die sprechen, besser noch: der, von dem sie sprechen, von Jesus und seinem Weg – das hat ihnen geholfen, neue Perspektiven eröffnet oder schlicht und ergreifend gutgetan. Vielleicht ist es gar nicht so sehr das Sprechen über Jesus, sondern das Leben in seiner Spur. Ein Leben, das andere neugierig macht und fragen lässt: „Sag mal, warum machst du das eigentlich so?“
Ja, warum machst du das eigentlich so? Das ist in der Tat eine Frage, der wir uns immer mal wieder stellen sollten. Wer das tut, der spürt: Dieser Weg ist nicht der Weg des geringsten Widerstands, auch kein Weg der lockerflockigen Fortbewegung. Der Weg Jesu weicht dem Leben mit all seinen Schattenseiten nicht aus. Siehe das Kreuz. Wer diesen Weg geht, der entdeckt aber früher oder später in all den dunklen Schatten auch das Licht der Hoffnung, der wird früher oder später vielleicht sogar die Erfahrung machen können, im Scheitern nicht zu verzweifeln, der wird vielleicht sogar immer wieder staunen, wie – trotz allem – nicht Untergang und Katastrophen die Oberhand behalten, sondern das Schöne, das Tragende und das Erfüllende.
Wer den Weg Jesu wählt, wird dadurch nicht automatisch zu einem besseren Menschen, der wird auch nicht auf alles eine Antwort haben – so wie die Petrus-Kirche sie so oft meinte, haben zu müssen. Diesen Weg zu gehen, das ist vor allem ein großes lebenslanges Abenteuer. Allerdings nicht jenseits all dessen, was zum Leben gehört, sondern mittendrin. Nur mit einer anderen Perspektive. Vielleicht müsste man das doch noch mal ganz neu versuchen.
Alexander Bergel
15. September
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Predigt am 23. Sonntag im Jahreskreis
zu Mk 7,31-37
Zugegeben – es klingt sehr nach Märchen: „Jesus nahm ihn beiseite, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata! Öffne dich!“ Ja, so gehen Märchen. Trotzdem möchte ich mal so tun, als ob es wahr wäre. Denn hinter dieser Geschichte steckt eine reale Erfahrung: Ich bin nicht für alle Zeiten festgelegt. Das, was mich niederdrückt, einschränkt, abhängig hält und krank sein lässt – es muss nicht das letzte Wort behalten. Ich kann gesund werden.
Der namenlose Taubstumme hat wohl eine solche Erfahrung gemacht. Was genau in seinem Leben alles passiert ist – wir wissen es nicht. Nur eins: Das Leben hat ihm die Sprache verschlagen. Er ist am Ende, hat keine wirkliche Perspektive mehr. Er steht am Rande der Gesellschaft, ist ausgeschlossen vom Leben. Genau diesem Mann begegnet Jesus. Er nimmt ihn heraus aus der Menge, hinein in eine Atmosphäre, in der nur der Kranke wichtig ist. Er berührt die kranken Organe, er berührt die kranke Seele. Und der Kranke spürt: Jetzt geht es ganz um mich – und um Gott. Diese zärtliche Berührung weckt den Glauben, sie macht offen für die Heilung. Und damit sind wir mitten im eigentlichen Wunder.
Jesus, der heilende Finger Gottes, er rührt die Menschen an. Nicht nur äußerlich. Seine Berührungen gehen sehr viel tiefer. Er ergreift die Menschen, die sich ihm anvertrauen, auf einzigartige Weise. Alles andere wird plötzlich nebensächlich. Die eigene Schwäche, das Nicht-Hören-Können auf die vielen Zwischentöne, die das Leben bietet, das Nicht-Hören-Können auf die kleinen und großen Liebeserklärungen, das Nicht-Hören-Können auf die wunderbare Melodie des Lebens: all das nimmt Jesus in die Hände – und verwandelt es. Dieser Jesus von Nazareth ist so einfühlsam, so sensibel, so zärtlich – aber auch so bedingungslos direkt und zupackend, dass er das Leben von Menschen völlig verändern kann, ja, auf den Kopf stellt. Wer Jesus vertraut, der bekommt ein völlig neues Gespür für das Leben. Der traut sich, Dinge zu sagen, die ihm vorher vielleicht peinlich waren. Wer sich von Jesus anrühren lässt, der spricht über das, was ihn bewegt: über seine Ängste und Sorgen, über seine Sehnsucht und seine Hoffnung, über seinen Glau,ben und seine Zweifel.
Darf man die wunderbare Heilung des Taubstummen so deuten? Oder wirkt das nur wie der durchschaubare Versuch, zu retten, was zu retten ist, um die Bibel am Ende doch nicht als Märchenbuch dastehen zu lassen? Ich glaube, dass Jesus heilende Kräfte besaß. Ich glaube, dass er das Leben von Menschen völlig umkrempeln konnte. Ich glaube, dass die Bibel phantastische Geschichten enthält, die mitunter auch märchenhafte Züge haben. Ich glaube aber nicht, dass wir damit an der Nase herumgeführt werden sollen. Ganz im Gegenteil. Die Erzählungen der Heiligen Schrift wollen uns an die Hand nehmen, um unser Leben zu deuten – unser ganz eigenes Leben hier und heute – und mit der Wirklichkeit Gottes zu konfrontieren.
Ich glaube, dass Gott auch heute wirkt. Nur – wo lässt er sich finden? Wir müssten uns auf die Suche machen. Auf die Suche nach dem, was heute passiert. Wo Menschen heute nicht mehr taub und stumm sind. Wo sie sich trauen, etwas zu sagen, was sonst keiner tut. Wo sich Wege öffnen, die keiner mehr für möglich hielt. Ja, all das gibt es doch. Und zwar ganz ohne Zauberei. Aber mit der sehr persönlichen Erfahrung: Ich habe eine Zukunft. Weil Gott mich dazu ermutigt. Weil er mir Heilung schenkt. Und Mut. Haben Sie so was schon mal gehört? Oder gar selbst erlebt?
Alexander Bergel
8. September
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Predigt beim Aufstellen
der Bank »Kein Platz für Antisemitismus!«
zu Joh 15,9-12
Wir müssen uns nichts vormachen. Gäbe es die Kirche nicht, gäbe es keinen Antisemitismus. Es gäbe keine Blutspur, die sich durch die Geschichte zieht. Keine Pogrome. Keine Vertreibung. Keine Auslöschung ganzer Familien. Und in letzter Konsequenz: Keinen Holocaust. Sicher, auch vor dem Auftreten jenes Mannes aus Nazareth, in dessen Namen wir uns versammeln, des Juden Jesus, Sohn der Jüdin Maria, auch schon vor der Zeit Jesu gab es antijüdische Affekte. Vermutlich, weil Israel mit seinem Ein-Gott-Glauben eine massive Provokation im ansonsten polytheistischen Umfeld war. Aber die Grundlage des Antisemi-tismus, wie wir ihn seit nahezu 2000 Jahren erleben, ist jene Haltung, die sich bis in die frühen 1950er-Jahre in den Großen Fürbitten der Karfreitagsliturgie findet.
Beim Gebet für die Juden hieß es dort jahrhundertelang: „Lasst uns auch beten für die treulosen Juden (auf Latein: „pro perfidis Judaeis – für die perfiden Juden“), dass Gott, unser Herr, wegnehme den Schleier von ihrem Herzen, auf dass auch sie erkennen unsern Herrn Jesus Christus.“ Damit nicht genug. In der Regieanweisung heißt es: „Hier unterlässt der Diakon die Aufforderung zur Kniebeuge, um nicht das Andenken an die Schmach zu erneuern, mit welcher die Juden durch Kniebeugungen um diese Stunde den Heiland verhöhnten.“
Was wir hier in der Mitte dieser großen Liturgie über die „perfiden Juden“ zu hören bekommen, ist Ausdruck einer Geisteshaltung, die wirklich davon ausgeht, dass alle Juden, egal wann sie gelebt haben, nicht nur verblendet und in ihrer Finsternis gefangen sind und bleiben, sondern wahre und wirkliche Gottesmörder sind. Durch die Jahrhunderte hindurch nahmen Pogrome ihren Anfang in Predigten, die genau das zum Inhalt hatten: den perfiden, verschlagenen Juden, der den unschuldigen Gottessohn ans Kreuz brachte. Nicht selten waren es die Karfreitage, an denen Töchter und Söhne Israels um ihr Leben bangen mussten. Marodierende Banden zogen um die Häuser und erschlugen Männer, Frauen und Kinder.
Eine Symbolfigur, auf die sich der antijüdische Hass in besonderer Weise bezog, war und ist bis heute Judas Iskariot. In der Kunst meist dargestellt mit einem Geldbeutel, groben, oft hässlichen Zügen, roten Haaren und der stereotypen Judennase. Doch: Ist er wirklich der geldgierige, verschlagene, hinterhältige Mann, der seinen Meister, der seinen Freund für ein paar Silbermünzen dem Tod ausliefert? Ist er wirklich das verkommene Subjekt, das alles Böse, alles Finstere, ja, die tiefsten Abgründe des Menschen in sich vereint? Viele sehen ihn so. Bis heute.
Manche Schriften des Neuen Testaments haben dieses Bild gezeichnet. Vor allem der Evangelist Johannes. Als sein Evangelium aufgeschrieben wurde, waren allerdings schon fast 70 Jahre vergangen, seit Jesus von den Toten auferstanden war. Eine lange Zeit. Eine Zeit, in der sich viel ereignet hat. Die römischen Besatzer hatten den Tempel, die Mitte des jüdischen Volkes, zerstört, und innerhalb des Judentums gab es viele Konflikte. Konflikte, deren Ursprung fast immer die Suche nach dem rechten Weg war. Und so war es an der Tagesordnung, dass die eine jüdische Gruppe der anderen die Wahrheit absprach. Auch die frühe christliche Gemeinde war Teil dieser innerjüdischen Konflikte. All das muss man wissen, wenn in den Evangelien von „den Juden“ und wenn dort von Judas, „dem Verräter“, die Rede ist.
Das Johannesevangelium zeichnet das düstere Bild vom verschlagenen, hinterhältigen Judas. Und damit beginnt eine fürchterliche Wirkungsgeschichte. Eine Wirkungsgeschichte, die in letzter Konsequenz zum Judenhass der Nazis geführt hat. Das Motiv des Judas wurde dort zur Grundlage der Rede vom „ewigen Juden“, der alles Böse, alles Verschlagene in sich trägt. Diese fanatische, verblendete und menschenverachtende Sicht ist bis heute in vielen Köpfen verankert und hält die Welt immer noch in Atem, nimmt sie gefangen und sorgt für Angst und Terror.
Wir erleben es überall auf der Welt und auch mitten in unserem Land, dass immer mehr Menschen ohne Hemmungen auf die Straßen gehen und gegen „die Juden“ protestieren. Es geht ihnen nicht um die in einer Demokratie gegebene Möglichkeit, gegen die Politik eines Staates zu demonstrieren. Nein, schlimmste, widerlichste Ressentiments gegen „die Juden“ finden ihren Ausdruck: im Verbrennen der israelischen Flagge, im Angriff auf Synagogen und auf Menschen, die sich als Juden zu erkennen geben. Es hört einfach nicht auf! Und daher bedarf es unser aller Solidarität! Es bedarf unseres Einsatzes gegen Antisemitismus und gegen alle undifferenzierte Sicht auf jüdische Menschen, die viele der Antisemiten als „Kinder des Judas“ sehen, die ja nur Schlechtes in sich haben können. Was für ein irrer Glaube!
Natürlich darf man den Staat Israel für seine Politik kritisieren. Natürlich darf und muss man Mitleid haben mit den vielen Menschen in Palästina, die unter teils menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen. Auch dort geschieht Unrecht. Um all das geht es den Antisemiten aber gar nicht. Dieser blutige Konflikt wird seit Jahrzehnten und seit dem 7. Oktober 2023 wieder neu instrumentalisiert, um den Kampf gegen „die Juden“ plausibel aussehen zu lassen. Deshalb sind und bleiben wir aufgerufen, unsere Stimme zu erheben, wenn gegen „die Juden“ gehetzt wird. Als Christinnen und Christen haben wir diese Verantwortung. Und deswegen sagen wir: Bei uns ist kein Platz für Antisemitismus!
Es war Papst Johannes XXIII., der den entscheidenden Schritt der Umkehr gegangen ist. Das von ihm angestoßene Zweite Vatikanische Konzil hat 1965 nicht nur den unaufgekündigten Bund Gottes mit seinem Volk herausgestellt, sondern auch deutlich gemacht, dass weder das ganze damalige Volk noch heutige Juden für den Tod Jesu verantwortlich zu machen sind. Historisch sind die Zusammenhänge um den Tod Jesu auch viel komplexer. Nicht nur, dass die römischen Besatzer unter Pontius Pilatus den Nazarener ans Kreuz brachten, Jesus selbst ging seinen Weg konsequent bis zum Schluss. Er, der von Wahrheit und Liebe nicht nur redete, sondern sie lebte, stand bis zum Schluss für das ein, was er verkündet hatte. Und zwar in der Hoffnung, dass eine Liebe, die das eigene Leben zu geben bereit ist, ein für alle Mal jede trennende Grenze überwinden würde. Doch was ist daraus geworden?
Kurz vor seinem Tod im Jahr 1963 schrieb Papst Johannes ein Gebet, das sich – wissend um den Verrat der Kirche an ihrem Herrn – wie ein flehendes Vermächtnis anhört: „Wir sind uns heute bewusst, dass viele Jahrhunderte der Blindheit uns die Augen verhüllt haben, so dass sie die Schönheit Deines auserwählten Volkes nicht mehr zu sehen und in ihren Gesichtern die Züge unserer erstgeborenen Brüder nicht mehr zu erkennen vermögen. Wir verstehen, dass uns ein Kainsmal auf die Stirn geschrieben steht. Im Laufe der Jahrhunderte hat unser Bruder Abel in dem Blut gelegen, das wir vergossen, und er hat Tränen geweint, die wir verursacht haben, weil wir Deine Liebe vergaßen. Vergib uns den Fluch, den wir zu Unrecht an den Namen ‚Jude‘ hefteten. Vergib uns, dass wir Dich in ihrem Fleische zum zweiten Mal ans Kreuz schlugen. Denn wir wussten nicht, was wir taten.“
Heute kann niemand mehr sagen: „Wir wussten nicht, was wir taten.“ Deshalb: Kein Platz für Antisemitismus. Nirgendwo!
Alexander Bergel
1. September
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Gebet, Musik & Poesie
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»Veni Sancte Spiritus!« Den kraftvollen Pfingsthymnus aus Notre-Dame de Paris
hören Sie hier.
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»Komm, Heiliger Geist, komm!« Dieses gesungenes Gebet zu Pfingsten
hören Sie hier.
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Am 2. Ostersonntag begegnet uns Jahr für Jahr der zweifelnde Thomas. Durch allen Zweifel hindurch ist er doch der sehnsuchtsvoll Glaubende. Oder wird es immer mehr. Thomas begegnet dem Auferstandenen, der ihm seine Wunden hinhält. »Sei nicht ungläubig, sondern gläubig«, ruft ihm Jesus zu. Und die Antwort? »Mein Herr und mein Gott!«
Von diesem Ringen, von dieser Sehnsucht und ihrer Erfüllung ist der Gesang »Adoro te devote – Gottheit tief verborgen« von Thomas von Aquin durchdrungen:
Kann ich nicht wie Thomas schaun die Wunden rot,
bet ich dennoch gläubig: Du mein Herr und Gott!
Tief und tiefer werde dieser Glaube mein,
fester lass die Hoffnung, treu die Liebe sein.
Sie finden diesen Gesang im Gotteslob unter der Nummer 497.
Hören können Sie ihn hier (Strophe 4, 2:42).
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»Weib, was weinest du?« Einer der berührendsten Gesänge zum Osterfest.
Es gäbe sicher nach wie vor so manches, was nicht nur Frauen in dieser Kirche zu beweinen hätten. Aber es gab und es gibt sie dennoch immer noch: die Verkünderinnen dieser einen unglaublichen Botschaft. Sollte deren Kraft, die schon einmal nicht nur Felsen vor Grabhöhlen in Bewegung brachte, nicht auch heute Steine wegzuräumen in der Lage sein?
Den Gesang aus den Osterdialogen von Heinrich Schütz können Sie hier hören.
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Ich konnte keinen Schlaf mehr finden.
Wenn ich wenigstens zum Grab gehen könnte.
Aber die Wachsoldaten.
Oder nach Golgotha, der Blutspur nach.
Oder zu Josef oder zu Nikodemus.
Irgendwohin.
Was tun mit dem ganzen langen Schabbat?
Ich saß so da und dachte nichts als: Er ist fort. Er ist tot.
Fort und tot.
So jung noch. Und schön.
Und jetzt beginnt dann die Verwesung.
Wenn ich doch mein letztes Fläschchen von dem Königsöl
über ihn hätte ausgießen können,
über sein Gesicht,
das so blutig war,
das eine Auge verletzt und verklebt,
nie mehr werde ich dieses Gesicht sehen.
So versunken in meine Trauerqual war ich,
dass es mir kein Trost war zu denken:
Er hat gesagt, drei Tage,
dann das Wiedersehen.
Nein, nein, das hatte er nicht wörtlich gemeint.
Drei Tage, wie lang war das für ihn?
Zähl nicht nach Tagen, Mirjam,
zähl wie ich in Äonen.
Und das Wiedersehen:
wo denn, wie denn?
Nein, das war alles kein Balken, an dem ich mich halten konnte.
Nach und nach wachten alle auf.
Veronika brachte uns das vorbereitete Schabbatmahl.
Man aß aus Höflichkeit ein paar Bissen.
Schimon schlief und war nicht zu wecken.
Jeschuas Mutter sagte: Jochanan,
bete alle Psalmen, die du im Gedächtnis hast.
So begann er von Anfang:
Selig der Mann, der nicht im Rat der Gottlosen wandelt…
Wenn er nicht mehr weiterwusste,
sprang einer von uns ein.
So beteten und beteten wir,
und der Tag nahm kein Ende,
und das Gebet war kein Trost.
Ein Tag aus Blei.
Wieso sprach niemand unter uns
von Wiedersehen und Wiederkommen?
Niemand von Zukunft?
Nicht vom morgigen Tag;
nicht davon, was nun weiter aus uns würde?
Die Zeit war mit dem Messer durchgeschnitten.
Konnte überhaupt noch Zeit sein?
Hat ER nicht alles mit sich genommen,
was uns zu gehören schien?
Auch das Licht war fort, es war gewittrig und dunkel.
Dieser Tag war schlimmer als der vorhergehende.
Da war Aufregung gewesen,
da geschah etwas,
Schlimmes und Entsetzliches,
aber es bewegte sich etwas.
Jetzt aber: wir saßen wie Schatten in der Unterwelt,
und als es draußen vollends dunkel wurde,
schliefen wir wieder ein.
Was sonst konnten wir tun?
Später dachte ich im Zurückerinnern:
so lebt man im Schattenreich,
wo die Sonne nie scheint.
Noch später dachte ich:
so lebt man ohne ihn.
Luise Rinser
Mirjam
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Hier hören Sie einen Gesang des Osnabrücker Jugendchors zum Karsamstag.
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Ein Sehnsuchtslied – hier können Sie es hören.
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Schaukasten-Gedanken
… können für einen kurzen Augenblick ansprechen oder irritieren
oder einfach nur Freude bereiten.
Hier finden Sie die schönsten Exemplare, die vor unseren Kirchen hängen,
zum Anklicken.
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